Meine Kinder sind auch deine Kinder
Während
ich die Wohnung weihnachtlich schmücke, weiß ich, dass ich es sein
werde, die alles wieder abhängen und ordentlich wegpacken wird. Ich besorge auch die
Kinderklamotten, ich gebe die Globulis, ich
stille und werde beim kleinsten nächtlichen Pieps der Kinder wach, ich
gehe auf Besuch zu anderen Müttern, damit die Kinder zusammen spielen
können, ich begleite achtsam und geduldig die tausend Gefühle der Kinder, bin bedürfnisorientiert unterwegs, beantworte
unzählige Fragen und höre gefühlt alle zwei Minuten "Mama".
Ich
habe einen großartigen Mann und Papa für die Kinder, er ist fleißig und
pflichtbewusst, übernimmt viele Aufgaben im Haus und geht zur Arbeit um
unser Leben zu finanzieren. Er ist wundervoll geduldig, ein guter
Gesprächspartner und liebevoller Geschenkemacher. Er kümmert sich um
mich. Und ich bezweifle in keiner Weise, dass sein Leben nicht auch
anstrengend ist.
Gleichzeitig
bemerke ich, dass mir ein Arbeitstag außer Haus, wenn ich z.B. ein
Seminar gebe, wie der reinste Urlaub vorkommt. Und ich bemerke, dass
mich die Millionen Handgriffe tagtäglich manchmal unendlich müde machen
und frustrieren.
Ich
versuche alles mit Hingabe zu tun. Mit der Hingabe kommt die
Leichtigkeit und der Frust schmilzt immer wieder dahin. Freude macht
sich breit. Das ist gut, Achtsamkeit sei Dank.
Doch was
könnte mir meinen Job, mein Leben noch leichter machen, frage ich mich.
Bin ich undankbar? Mir gehts doch gut!? Ich
möchte diese Kleinkindzeit in vollen Zügen genießen, sie ist doch so
schnell vorbei. Und dann finde ich es oft so schwer, den alltäglichen Genuss darin zu
finden.
Ich glaube es geht manchmal nur um die Anerkennung und Wertschätzung dessen, was man als Mutter/Eltern jahrelang schafft - ein Gesehen-Werden durch andere Menschen, die Gesellschaft, die eigenen Eltern oder die Schwiegereltern. Manchmal reichen liebevolle, verständnisvolle, ermutigende Worte und von Zeit zu Zeit wäre eine selbstlos und mitfühlend helfende Hand echt hilfreich - aber das gestaltet sich leider sehr schwierig. Die Tanten haben zwar keine Kinder, aber „so viel zu tun und nächste Woche sieht es nicht besser aus“ oder „Angst vor Erkältung und die Kleine hustet doch noch?“. Die Großeltern sind zu alt oder zu weit weg, um im Alltag zu helfen. Na klar, es sind meine Kinder, die ich so sehr wollte und für die ich mich entschieden habe, obwohl ich schon über 30 war. Und ich wollte raus aus der Stadt mit den Kids und muss nun schauen wie ich hier auf dem Lande ein Netzwerk aufbauen kann. Meine Entscheidungen, meine Konsequenzen. Und doch bin ich überrascht und auch enttäuscht, wie alleingelassen ich mich manchmal fühle.
Ich glaube es geht manchmal nur um die Anerkennung und Wertschätzung dessen, was man als Mutter/Eltern jahrelang schafft - ein Gesehen-Werden durch andere Menschen, die Gesellschaft, die eigenen Eltern oder die Schwiegereltern. Manchmal reichen liebevolle, verständnisvolle, ermutigende Worte und von Zeit zu Zeit wäre eine selbstlos und mitfühlend helfende Hand echt hilfreich - aber das gestaltet sich leider sehr schwierig. Die Tanten haben zwar keine Kinder, aber „so viel zu tun und nächste Woche sieht es nicht besser aus“ oder „Angst vor Erkältung und die Kleine hustet doch noch?“. Die Großeltern sind zu alt oder zu weit weg, um im Alltag zu helfen. Na klar, es sind meine Kinder, die ich so sehr wollte und für die ich mich entschieden habe, obwohl ich schon über 30 war. Und ich wollte raus aus der Stadt mit den Kids und muss nun schauen wie ich hier auf dem Lande ein Netzwerk aufbauen kann. Meine Entscheidungen, meine Konsequenzen. Und doch bin ich überrascht und auch enttäuscht, wie alleingelassen ich mich manchmal fühle.
Ich kann es aus vollem Herzen sagen: Zum Glück habe ich mich für Familie entschieden! Es ist ein Geschenk und ich bin dankbar. Auch für genau diese Gefühle gerade bin ich dankbar. Denn dieser Prozess, in dem ich gerade stecke, lässt mich reifen und wachsen. Er zwingt mich in die Selbstlosigkeit und in viele andere Bewusstseinsprozesse, in die ich ohne das Muttersein nicht gefunden hätte.
Ja, ich habe mich dafür entschieden. Aber sind das nur meine Kinder? Ist das alles nur unser Eltern-Job? Ich spreche viel mit Eltern, mit Müttern - beruflich wie privat. Und ich höre von vielen, dass sie dieselben Themen haben. Es ist ein Gesellschaftsphänomen. Von einer Bekannten hörte ich neulich, von drei Großeltern seien zwei mit Selbstverwirklichung und einer mit Ausruhen beschäftigt. Da bleibe keine Zeit für die Enkelkindern. Alles ok, jedem das Seine. Trotzdem scheisse. Und echt schade. Und traurig.
Und dann spreche ich mit meiner
guten Freundin und Kollegin darüber. Ihre Kinder sind teilweise schon
aus dem Haus. Es wird ruhiger irgendwie. Aber nur scheinbar. Den
Weihnachtsschmuck hängt auch sie seit nunmehr 20 Jahren auf und wieder
ab. Und seit ihre Mutter zum Pflegefall wurde, ist sie nun in der
Pflicht sich zu kümmern und sie trotz Pflegeheim zweimal die Woche zu
besuchen. Mein Gejammer hat sie voll erwischt und den Finger in die
Wunde gelegt.
Wann
bin ich endlich wieder dran? Wer kümmert sich um mich? Wieso sagt
niemand Danke? Ist das Leben so? Habe ich falsche Erwartungen und
unrealistische Hoffnungen?
Bitte
nicht falsch verstehen. Wir Eltern brauchen keine Tipps und Ratschläge. Was wir alle
brauchen, ist mehr Sinn und Blick für Gemeinschaft, für Verbundenheit,
gegenseitige Fürsorge und Unterstützung, für die Gesellschaft, in der wir
leben und in der unsere Kinder leben werden. Wir brauchen immer offene
Familienzentren mit kostenlosen Angeboten für Kinder und Eltern incl.
Betreuung und psychologische und seelsorgerische Unterstützung. Wir
brauchen richtig gut ausgebildete Erzieher und Schulpädagogen, sodass
das Thema Fremdbetreuung nicht so ein Krampf ist. Wir brauchen viel mehr
finanzielle Unterstützung für Familien, längere Elternzeiten und
flexiblere Arbeitszeiten und flexiblere Jobs. Wir brauchen wieder mehr
„Dorf“, Redekreise, echte Feste und Rituale, „gemeinsames Wäschewaschen
am Fluss“. Mit unseren Waschmaschinen, Thermomixern, Amazon und Co sind
wir zwar wahnsinnig selbständig und unabhängig, aber auch viel zu oft
allein.
Für mich persönlich ist gerade „Kinderzeit“. Ich bin 100% für sie da und will das bewusst so. Ich
bin davon überzeugt, dass es den Kindern gut tun wird und dass es
anderen Kindern auch gut täte, mehr Familie und weniger Fremdbetreuung zu bekommen. Das finden zwar nicht alle, aber
immer mehr Menschen.
Würden
wir allen Kindern diese „Kinderzeit“ ermöglichen und gleichzeitig
verhindern wollen, dass die Eltern durchdrehen oder bald am Stock gehen,
dann müssen wir als Gesellschaft die Kinder noch viel konsequenter und
radikaler in unsere Mitte holen. Denn sie sind unser höchstes Gut, unser
wertvollster Schatz. Denn sie sind unsere Zukunft. Anstatt das zu erkennen, haben wir uns Technologie, Wirtschaft, Konsum und Entertainment auf den Thron gestellt. Wir sollten erkennen, dass die Kinder das Kostbarste einer
Gemeinschaft sind.
Wie
anders würden unsere Welt, unser Alltag, mein Leben aussehen und sich
anfühlen, wenn wir dies wirklich begreifen und danach handeln würden?
Hier
gehts nicht um zuckerfrei, windelfrei, kitafrei, Tragen oder nicht,
gucken oder nicht und all diese Themen. Hier geht es um Verantwortung,
Verständnis und Respekt vor dem Kind und der tagtäglichen Leistung von
Eltern und anderen Bezugspersonen. Das sind ethische Fragen, die uns als
Menschen betreffen, egal ob wir selbst Kinder haben oder nicht.
Unsere Kinder werden unsere Rente finanzieren und über das Gesundheitssystem
mitbestimmen, in dem wir mit 85 unsere medizinische Behandlung bekommen
werden. Die Teens von heute demonstrieren für mehr politische Aktion in
Sachen Klimaschutz, was uns hoffentlich den Arsch retten wird. Sie haben es längst begriffen: wir
sitzen alle in einem Boot. Meine
Kinder sind auch deine Kinder.
Und damit ich eine gute, fürsorgende, friedvolle, gewaltfreie, bewusste Mutter sein kann, brauche ich Unterstützung, ob nun mental, finanziell, organisatorisch, ganz praktisch im Haushalt oder in Form von Nackenmassagen oder ideel als Fackelträger, um das Licht der Wahrheit und Veränderung hinauszutragen in diese oft noch echt düster kinderfeindliche Welt.
Und damit ich eine gute, fürsorgende, friedvolle, gewaltfreie, bewusste Mutter sein kann, brauche ich Unterstützung, ob nun mental, finanziell, organisatorisch, ganz praktisch im Haushalt oder in Form von Nackenmassagen oder ideel als Fackelträger, um das Licht der Wahrheit und Veränderung hinauszutragen in diese oft noch echt düster kinderfeindliche Welt.
Für
eine bewusstere, liebevollere, friedvollere und freudvollere Welt. Für
mehr Weitblick und Umsicht. Für mehr Miteinander und Füreinander.
In Liebe. Amen.
Artikel zum weiterlesen:
Gabriele Winker: "Frauen wollen nicht nur Kinder gebären, damit andere sie betreuen" | Februar 2020 in DIE ZEIT
Delna Antia-Tatić: Das Kind muss weg / Dezember 2019 auf jetzt.de
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