"Diejenigen von uns, die in der modernen Welt leben, existieren also in einem Zustand extremer Körperfremdheit. Die meisten von uns sind sich ihr Leben lang kaum ihres Körpers bewusst. Manchmal scheinen wir gar zu fühlen und zu handeln, als wären wir unseres Körpers ganz und gar verlustig gegangen. Es ist nicht so, dass wir nicht "denken", einen Körper zu haben. Tatsächlich verbringen viele Menschen einen großen Teil ihrer Zeit damit, über ihren Körper "nachzudenken" - wobei sie sich selbst Komplimente machen, sich um ihren Körper Sorgen machen, ihn schlecht machen oder gar auf selbstzerstörerische Weise damit umgehen. Doch selbst dann, wenn wir uns vermeintlich um unseren Körper kümmern, sind wir doch gewöhnlich nur in unserem Kopf. Wir sind nicht mit unserem wirklichen Körper in Kontakt. Wir haben Gedanken über unseren Körper, aber sehr wenig Erfahrung von unserem Körper selbst. .. Wir haben wenig direktes Gewahrsein des Körpers und wenig Beziehung zu ihm als einer tatsächlichen Realität in unserem Leben."
Diäten, Süchte, Sport, Sex, Psychopharmaka, Schminke, Mode .. mit diesen alltäglichen Dingen versuchen wir körperlich attraktiv zu sein, uns mit anderen zu verbinden oder die Schmerzen des Körpers zu betäuben. Da wir uns dabei oft überfordern, selbst verletzen und vergiften, ist es nicht selten die Folge, dass der Körper nicht mehr richtig funktioniert, wir uns unwohl fühlen, krank werden, emotionales Leiden nicht mehr auflösen können, Schmerzen, Angst und Verwirrung erleben.
"In all diesen Fällen greifen wir auf agressive Weise in die Körperprozesse ein und wirken seinen Versuchen, wieder ins Gleichgewicht zu kommen und sich selbst zu heilen, entgegen. Und in all diesen Fällen ist der Körper zu einem Objekt geworden, zu einem Sklaven unserer Wünsche....
Unsere heutige Körperfremdheit ist so tief, dass viele von uns nicht mehr das geringste Zutrauen zum Körper besitzen und sich damit begnügen, ihn so weitgehend wie möglich zu ignorieren. Und natürlich überrascht es nicht, dass wir bei all dem nur selten ein Gefühl dafür haben, dass unser Körper ns an sich und aus sich heraus etwas zu bieten hat, ja dass der Körper in gewisser Hinsicht vielleicht intelligenter ist als unser bewusstes Ich und seine eigenen Intentionen besitzt, die uns - würden wir sie nur verstehen - überaus nützlich sein könnten.
Reginald A. Ray, Die Intelligenz des Körpers
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