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Krieger des Herzens werden (1)

Krieger des Herzens werden
Nach Pema Chödrön 


„Hallo, kleines Mädchen! Lass doch nicht zu, dass das Leben dein Herz verhärtet!“ – Dies war die erste Unterweisung in Bodhichitta, welche die buddistische Nonne und Lehrerin Pema Chödrön als kleines, wütendes Mädchen auf der Straße von einer fremden, alten Frau bekam.
Bodhi bedeutet erwacht, erleuchtet, völlig offen. Chitta heißt Geist, Bewusstsein, aber auch Herz. Bodhichitta wird mit unserer Fähigkeit zu lieben gleichgesetzt, mit Mitgefühl, mit unserer Fähigkeit, das Leiden der anderen mitzuempfinden und uns um andere zu kümmern.

Uns fällt es normalerweise sehr schwer, das eigene Leid und das der anderen zu ertragen. Ohne dass wir uns dessen bewusst sind, schotten wir uns ständig gegen das Leiden ab. Wir wollen es lieber nicht sehen, lieber nicht erleben, spüren, ertragen, damit umgehen müssen – weil es uns Angst macht.
Wir entwickeln eine Vielzahl von Strategien, wie wir dieses Leiden nicht empfinden müssen, z.B. Meinungen und Vorurteile, ungesunde Verhaltensmuster, Süchte usw. Wir haben einfach so große Angst, verletzt zu werden, dass wir um uns herum Mauern errichten, die uns schützen sollen. Diese Mauern werden dann noch durch alle möglichen Emotionen verstärkt, z.b. Zorn, Gleichgültigkeit, Neid, Arroganz, Stolz...

Diese komplexe Struktur von Verhaltensmustern, starken Emotionen und Glaubenssätzen ist das, was man im Buddhismus Ego nennt. Es ist das, was wir glauben, was wir sind, was uns ausmacht. Daran gekoppelt ist unsere Geschichte, unsere Kindheit, Jugend, Berufsleben, Elternschaft usw., all die Erinnerungen, Erlebnisse, die wir hegen und pflegen, die wir uns selbst im Geiste und auch den anderen immer wieder erzählen. Es ist das Bild, das wir von uns kreieren: ich bin der, der diese und jene Meinung hat, der so und so empfindet, dem das egal ist und das andere wichtig usw. Diese Struktur gibt uns eine vermeintliche Sicherheit, dass wir gegen die Verletzungen des Lebens gewappnet sind.
Wir holen unsere Waffen raus, wann immer eine Verletzung droht oder vielleicht laufen wir sogar permanent in einer Rüstung umher. Wir laufen weg, schreien herum, bestrafen, maßregeln, verletzen, kontrollieren. So groß ist die Angst vor dem Verletztwerden, dem Alleinsein, dem Verlorensein, dem Ungenügend- und Verkehrtsein.
 
Jeder, ausnahmslos, bildet diese Strukturen. Letztendlich in der Hoffnung, damit irgendwie glücklich zu werden. Am Ende trägt jeder aber bloß all diese Geschichten und Gewohnheiten und emotionale Schutzschilde mit sich herum und eine authentische Begegnung mit dem anderen wird unendlich schwer. Die Egos verheddern sich ineinander, gehen auf einander ein, beziehen sich aufeinander und versuchen miteinander zu funktionieren, sie treiben Spielchen miteinander und schauen doch immer, dass sie selber am besten wegkommen.
Eigentlich aber sind wir gar nicht an diesen Spielchen interessiert. Wir, die da drin hinter diesen Mauern sitzen, wir fühlen uns vielleicht etwas sicherer, aber auch eingesperrt, da wir uns nur innerhalb dieser Grenzen bewegen können, und wir im Grunde ständig Angst haben, dass jemand entdecken könnte, dass wir gar nicht so sind wie wir vorgeben und uns dann nicht mehr liebt.
Wir sehnen uns danach, unsere Verletzlichkeit zu offenbaren, all unsere Ängste, Wünsche, Hoffnungen, das alles zeigen zu dürfen, vorbehaltlos, und wir wünschen uns nichts sehnlicher, als dass sich wenigstens ein Mensch findet, der all das sehen will und ok findet und vor dem wir uns nicht bewaffnen müssen oder dicht machen müssen.
In unseren Freunden, unserem Partner oder unseren Kindern erhoffen wir uns, diese Menschen zu finden. Doch auch mit ihnen entwickeln wir Verhaltensmuster und Rollenstrukturen – vor allem, wenn der andere uns verletzt hat, wenn wir uns für uns selbst schämen und uns damit selbst verletzen, oder wenn wir das Gefühl haben, stark sein zu müssen. Dann bewaffnen wir uns sofort wieder und gehen in Sicherheit.

Wählt man den Weg des Kriegers, entscheidet man sich dafür, nicht zu verhärten, möglichst wenige Mauern zu errichten und so offen wie möglich zu bleiben.

Die uns angeborene Fähigkeit zu lieben, ist wie ein Riss in diesen Mauern. Mit etwas Übung können wir diese Öffnung finden, sie wahrnehmen und den Augenblick der Verletzlichkeit als Chance nutzen, das Bodhichitta, das klare, offene Herz in uns zu erwecken, zu vergrößen, zu hegen und zu pflegen. So wird man zum Bodhisattva, zum Krieger – natürlich nicht zum aggressiven und vernichtenden Krieger, sondern zum Krieger, der bereit ist, die eigenen selbstbezogenen Reaktionen und ihre Selbsttäuschungen zu durchschneiden, der sich darin übt, das Herz zu öffnen und den Geist zu schulen. Ein Krieger schult sich darin, seinen Mut und seine Liebe zu wecken.

Ich habe mich bemüht einen Aspekt von Pemas Lehre darzustellen, weitere werden folgen. Als Literatur empfehle ich: 


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